Wann und wie wird aus Verliebtsein eigentlich Liebe? Und warum benehmen wir uns alle wie Teenager, wenn ein neuer Herzensmensch in unser Leben tritt? Psychologin Miriam Junge hat Antworten.
Where is the Love?
Man kann sie nicht sehen, nicht hören, wir können sie weder schmecken, noch anfassen und trotzdem sind wir – manchmal sogar ein Leben lang – auf der Suche nach ihr: der Liebe.
Das Thema Liebe ist ein komplexes und selbst von wissenschaftlicher Seite ein umstrittener Bereich. Verliebtsein oder Liebe – irgendwann kommt jeder von uns an den Punkt, an dem wir uns fragen: Was sind das für Gefühle? Ist es an der Zeit das große L-Wort auszusprechen? Oder ist es doch nur eine harmlose Romanze und alles bald wieder vorbei?
Was macht das Gefühl von Liebe mit uns?
Was passiert da nur mit uns, wenn es im Bauch langsam beginnt zu kribbeln? Warum verhalten wir uns mitunter so seltsam, sagen unkontrolliert komische Dinge, stottern oder bekommen nicht ein einziges sinnvolles Wort heraus, wenn wir dem Herzensmenschen begegnen?
Zwischen Philosophie, Biologie und Psychologie gibt es viele Ansätze, die versuchen, die Liebe und den Zustand des Verliebtseins zu definieren. Aber was nützen diese trockenen Definitionen, wenn man, einmal verliebt, nur noch damit beschäftigt ist, das ganze Umfeld mit aufgedrehter Stimmung, über niedliche oder kryptische Whatsapp-Nachrichten und damit, ob man jetzt schon antworten dürfe oder doch besser die 3-Tages-Regel einhalten solle, zu nerven?
Wann ist es Liebe und wie fühlt sich das an?
Verliebtsein, ist ein Zustand des Rausches, bei dem wir nicht klar denken können. Wir vergessen zu essen, brauchen kaum Schlaf und sehen trotzdem nach einer durchgemachten Nacht hervorragend aus.
Verliebte haben starke Sehnsucht nach einander und denken ständig an die Person. Verliebte sind Lemminge, die so oft wie möglich aneinander kleben. Oft konzentriert sich die gesamte Aufmerksamkeit und Energie auf diesen einen Zielmenschen und Bedürfnisse der Freunde und Familie rücken erst einmal in den
Hintergrund.
Verliebtsein ist ein kompletter Ausnahmezustand. Es ist irrational und zeitgleich so erstrebenswert. Liebe ist: ein völlig natürlicher Drogenrausch.
Warum macht uns Verliebtsein manchmal Angst?
Aber Vorsicht, wir könnten ja verletzt werden! Nach dem ersten Hochgefühl steigen schnell mal Sätze in uns hoch, wie: „So eine Geschichte wie damals, will ich nie wieder erleben.“ Oder: „Ist es das alles wirklich wert?“ Dieser Ausnahmezustand, dieses Gefühl, das sogar soweit führt, dass auf unsere bis dato tiptop arbeitenden Körperfunktionen kein Verlass mehr ist? Das Herz klopft bis zum Hals, einschlafen funktioniert nicht mehr wie gewohnt, Konzentrationsschwäche, Unruhegefühle, Ausbleiben des Hungergefühls, dieses Kribbeln, das unmöglich von Schmetterlingen im Bauch kommen kann. Und trotzdem da ist.
Dieser berauschte Zustand ist psychophysiologisch gesehen vergleichbar mit einer Psychose. Kein Wunder, dass wir da manchmal unsicher werden und lieber Vorsicht walten lassen, bevor wir mit dem Wort Liebe um uns schmeißen. Schließlich ist man doch gerade gar nicht so richtig zurechnungsfähig. Doch keine Panik: Diese „Symptome“ verblassen oft, wenn aus dem Verliebtsein Liebe wird.
Und plötzlich ist es Liebe!
Was passiert da im Körper? Ganz einfach: Ein dauerhaftes Verrücktspielen unserer Hormone, der permanente Stress – auch wenn er positiv ist – unter dem der Körper im Zustand des Verliebtseins steht, wäre auf Dauer zu anstrengend.
Unser Körper hat keine Lust auf Dauer-Stress und schaltet sich irgendwann auf einen ruhigeren Modus, um langsam wieder Richtung Normalzustand zurückzukommen. Das macht er, in dem er die Gefühle der Verbundenheit und Nähe mit dem jeweiligen Partner assoziiert, und zwar nur mit diesem. So spart er sich die ständigen Hormonausschüsse. Der Herzensmensch löst ab sofort die Glücksgefühle aus und ist nicht mehr austauschbar. Entspannung!
Danke, lieber Körper! Jetzt haben wir die Möglichkeit eine langfristige Bindung und eine dazu gehörige Liebe entstehen zu lassen.
Oder aber wir stellen fest, sobald die Hormone wieder halbwegs den Normalmodus erreicht haben, dass zu wenige Gemeinsamkeiten vorhanden sind, zu wenige Gefühle. Und dann war es eben doch nur ein Blick durch die rosarote Brille, ohne die nun die Realität deutlich erkennbar ist.
Liebe ist das, was unterhalb des Bewusstseins passiert
Wissenschaftlich könnte man sagen: Das Verliebtsein läuft hormonell bedingt nicht auf oberster Bewusstseinsebene ab. Oder Klartext: Wir denken nur an das „eine“ und fahren damit die anderen Funktionen, die unser Gehirn übernimmt, runter.
Sobald die Schmetterlinge nur noch klitzekleine Eintagsfliegen sind, wirkt es oftmals so, als wären die nötigen Verliebtheitsgefühle vorüber. In Wirklichkeit ist es jedoch so, dass zusätzlich zur physischen Ebene, die psychische dazukommt. Hallo Vertrauen und Geborgenheit, hallo echte Zuneigung! Hallo Liebe!
There is the love.